Historischer Rundgang Zürichberg

Auf Spaziergängen durch die Wälder des Zürichbergs kommt man immer wieder an Orten vorbei, die an bedeutende Ereignisse und Persönlichkeiten aus der Geschichte erinnern. Ein Rundgang führt zu 15 Orten mit historischem Bezug.
Zusammengestellt von Emil Zopfi www.zopfi.ch

Start: Tramstation Schwamendingerplatz
Ziel: Tramstation Milchbuck
Zeit: 2 bis 2 ½ Std.

Rundgang

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1. Schwamendingerplatz Hirschen

Der offene und belebte Platz war einst das Zentrum des Bauerndorfes Schwamendingen. Viele der alten Häuser mussten Strassen, Tram- und Buslinien weichen. Durch das Dorf führte einst ein wichtiger Verkehrs- und Transportweg aus dem Zürcher Unter- und Oberland in die Stadt Zürich. Hier mieteten die Fuhrleute vom Land oft zusätzliche Pferde- oder Ochsengespanne, die halfen, die Steigung zum Milchbuck zu überwinden. Neben Landwirtschaft, Handwerk und Ziegelbrennerei (3) war dies ein bedeutender Erwerbszweig der Schwamendinger.
Ursprünglich im Besitz des Grossmünsters, kam Schwamendingen 1428 als Vogtei zur Stadt Zürich. Während der Helvetik 1798 wurde Schwamendingen eine selbständige Gemeinde, zu der auch Örlikon gehörte. 1872 trennte sich das durch Eisenbahnanschluss und Industrie gross gewordene Örlikon ab. Schwamendingen, Örlikon, Witikon, Höngg, Altstetten und Albisrieden kamen 1934 durch «Eingemeindung» zur Stadt Zürich.
Ein Zeitzeuge am Schwamendingerplatz ist das Gasthaus Hirschen, schon 1750 als «bedeutendes Hotel» bezeichnet, damals auch Fuhrhalterei. Der schöne Doppelbrunnen von 1783 diente zum Tränken der Pferde, Speis und Trank bekamen die Fuhrleute im Gasthaus.
Das etwas abseits an der Probsteistrasse gelegene Ortsmuseum Schwamendingen verfügt über eine reiche Sammlung historischer Gegenstände, Bilder und Fotos. Ein Abstecher lohnt sich, er führt vorbei an der schmucken Kirche St. Niklaus, erbaut 1674, und dem Kehlhof, dem ehemaligen Lehenshof und Amtssitz des vom Grossmünster eingesetzten Gutsverwalters. Das unter Denkmalschutz stehende Haus wurde im Jahr 929 erstmals erwähnt.

2. Heinrich Bosshard Schulhaus
Bosshard

Das 1825 eingeweihte Schulhaus an der gleichnamigen Strasse erinnert an Heinrich Bosshard (1811–1877), 1834 bis 1850 Lehrer in Schwamendingen, bekannt auch als Dichter des Sempacherliedes. Der aus Winterthur-Seen stammende musisch begabte Schuhmachersohn wurde vom Pfarrer gefördert. Er konnte das nach der liberalen Wende von 1830 im Kanton Zürich gegründete Lehrerseminar Küsnacht besuchen, u.a. als Schüler des Reformpädagogen Ignaz Thomas Scherr. An Musik, Natur und Naturwissenschaften interessiert, bewirtschaftete er neben dem Lehramt einen kleinen Bauernbetrieb und züchtete Bienen. Bosshard führte einen modernen Unterricht mit Geografie, Geschichte, Naturkunde, Gesang, Theateraufführungen. Seine Schule galt als Musterschule. Nach dem konservativen Züriputsch vom 6. September 1839 entliessen ihn die neuen Machthaber und belegten ihn mit Berufsverbot. Auch sein Mentor Scherr wurde aus dem Amt gejagt. Die Schwamendinger setzten sich für ihren beliebten Lehrer ein, beriefen ihn als Gemeindeschreiber, nach einem Gerichtsurteil konnte er wieder unterrichten.

3. ZiegelhütteZiegelhütte

Im Jahr 1534 baute ein Heini Hüwiner aus Bassersdorf am Waldrand oberhalb von Schwamendingen ein Haus und begann mit Erlaubnis des Grossmünsters Ziegel zu brennen. Lehm fand sich am Waldhang – die ehemaligen Gruben kann man heute noch erkennen. Das Dach des Kehlhofs (2) wurde beim 1557 fertiggestellten Neubau mit Ziegeln von der Ziegelhütte gedeckt, statt wie früher üblich mit Stroh.
Streit gab es in der Folge oft wegen Wald- und Flurschäden und der Holznutzung. Doch setzte sich die Ziegelbrennerei bis ums Jahr 1873 fort, zuletzt unter einer Familie Ochsner. Aus der Ziegelbrennerei wurde eine Gastwirtschaft. Das Hauptgebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert, die Trinkhalle aus dem Jahr 1908. Ab 1971 in Besitz der Stadt Zürich wurde die Wirtschaft Ziegelhütte umfassend renoviert und zum beliebten Ausflugsziel, heute geführt von Stefan Tamò, einem stadtbekannten Gastronomen, der in Schwamendingen aufgewachsen ist.

4. ZiegelhöheZiegelhöhe

Auf dem heutigen Picknickplatz oberhalb der Ziegelhütte demonstrierten am 29. August 1841 über 20 000 Menschen gegen die konservative Regierung des Kantons Zürich, die sich am 6. September 1839 an die Macht geputscht hatte. Fast 10 Prozent der Einwohner des Kantons nahmen teil.  «Der schöne 29. August» nannte man die Volksversammlung, die die Rückkehr der Liberalen an die Macht einleitete. Die Konservativen hatten mit der Entlassung fortschrittlicher Lehrer, Beamten und Professoren sowie mit Korruption und Misswirtschaft den Zorn der Bevölkerung entfacht. Viele Schwamendinger nahmen an der Versammlung teil aus Empörung über die Entlassung ihres beliebten Lehrers Heinrich Bosshard (2). Er gehörte zu den Anführern der Demonstration.
Auf der Anhöhe beim Picknickplatz steht seit 1911 ein kleines Denkmal für die Schlachten von Zürich im Sommer und Herbst 1799, unter denen Schwamendingen und seine Bevölkerung ganz besonders litten. Siehe auch (9).

5. LotharsteinLotharstein

Der glatt geschliffene Findling soll an den Orkan Lothar erinnern, der am 26. Dezember 1999 über Europa hinwegfegte und grosse Schäden anrichtete an Gebäuden, Bahnlinien, Strassen und Wäldern. 110 Menschen starben, davon 14 in der Schweiz. Weitere Opfer gab es bei den Aufräumarbeiten. Lothar war der verheerendste Orkan seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen Mitte des 19. Jahrhunderts. In Zürich erreichten die Böenspitzen 160 km/h. Mit 14 Millionen Kubikmetern waren die Waldschäden fast fünfmal grösser als jene des Orkans Vivian vom 25. Februar 1990. Laut Versicherungen betrugen die Schäden etwa 6 Milliarden Franken.
Die Erinnerungstafel am Lotharstein ist von Unbekannten entfernt worden. Wie die Wunden in den Wäldern verwachsen, so verschwindet auch allmählich die Erinnerung an das meteorologische Jahrhundertereignis.

6. Alter GrenzsteinGrenzstein

An der Kreuzung von Hanslin-Weg (7) und Letziweg (13) markiert ein alter Grenzstein die Grenze zwischen den ehemaligen Gemeinden Schwamendingen, Oberstrass und Fluntern. Ihre Wappen sind in den Findling eingemeisselt. Die drei Gemeinden bildeten sich 1798 während der Helvetik aus den ehemaligen Vogteien der Stadt Zürich. Die französischen Revolutionstruppen hatten die Herrschaft der Stadt über die Landgemeinden vorübergehend abgeschafft. Der Grenzstein behielt seine Bedeutung bis zur Eingemeindung von Fluntern und Oberstrass 1893.
Das Wappen von Fluntern, zwei gekreuzte Lilienstäbe, geht auf das Familienwappen der «Edlen von Fluntern» im 12. Jahrhundert zurück. Oberstrass trägt den Krattenturm (13) im Wappen, Schwamendingen als bäuerliche Gemeinde eine Pflugschar und das Tatzenkreuz als Zeichen der Zugehörigkeit zum Stift Grossmünster.
Der Letziweg ist nach einer mittelalterlichen Befestigung benannt, einer «Letzi», die die Stadt gegen Angriffe von Norden sperren sollte. Sie zog sich vom Krattenturm bis zur Limmat hinab.

7. HanslinsteinHanslinstein

Der Gedenkstein am Hanslin-Weg (ehemals Schattengasse) erinnert an Korpskommandant Adolf Hanslin (1911–1971), der während einem militärischen Manöver am 22. Februar 1971 beim Absturz eines Helikopters den Tod fand. Der ausgebildete Banker und Kaufmann war seit 1937 Berufsoffizier und galt als militärischer Führer, der «vornehme Gesinnung und menschliche Haltung mit militärischer Disziplin und Strenge zu verbinden wusste». Auch der Pilot Hans Pulver starb bei dem Unfall, der Thurgauer Brigadier und Politiker Ernst Mühlemann überlebte schwer verletzt.

8. EscherhöheEscherhöhe

Ein Findling mit einer Tafel markiert den «Gipfel» des Zürichbergs: «Escherhöhe. 675 m.ü.M. Höchster Punkt des Zürichberges.» Einst hiess der Hügel bei einer Lichtung mit einer Waldhütte Heubeerenbühl. Der heutige Name ehrt die Dichterin Nanny von Escher (1855–1932), Tochter von Oberst Hans Conrad Escher vom Luchs und Bertha von Meiss von Teufen. Nanny war die dritte von drei Schwestern und blieb unverheiratet. Nach dem Tod des Vater 1867 lebte sie mit ihrer Mutter in einem Chalet auf dem Albis und führte einen literarischen Salon. Ermutigt von Conrad Ferdinand Meyer und Gottfried Keller, publizierte sie 1895 ihren ersten Gedichtband und wurde zur zentralen Figur eines Kreises von Gelehrten und Schriftstellern. Nanny von Escher hat das in Bronze gegossene kriegerische Gedicht am Schlachtendenkmal (9) an der Masséna-Strasse verfasst. Sie wurde auf dem Friedhof Sihlfeld beigesetzt, wo ihr Grab noch immer erhalten ist.
In der Nähe der Escherhöhe ragt der 94 Meter hohe Sendeturm Zürichberg weit über die bewaldete Anhöhe hinaus. Er dient u.a. der Verbreitung analoger und digitaler Radioprogramme.

9. SchlachtendenkmalSchlachtendenkmal

Das grosse Schlachtendenkmal unweit der Escherhöhe (8) erinnert an die zwei Schlachten von Zürich vom 2. bis 5. Juni und 25/26. September 1799. Der Verschönerungsverein Zürich liess das Monument hundert Jahre später errichten – über seine Schönheit kann man geteilter Meinung sein. Der Verlauf der verheerenden Schlachten ist auf zwei Schautafeln dargestellt (eine im Moment verschwunden …).
Nach der Eroberung der Schweiz durch französische Truppen im Jahr 1798 bildete sich eine europäische Koalition u.a. mit Russland und Österreich, welche die Franzosen aus der Schweiz vertreiben sollten. In der ersten Schlacht im Juni gelang es einer österreichischen Armee, die unter Freiherr von Hotze von Osten über den Zürichberg vorstiess, die Franzosen unter General André Masséna aus der Stadt gegen den Uetliberg und das Limmattal zurückzudrängen. In der zweiten Schlacht besiegte Masséna eine russische Armee unter Alexander Rimski-Korsakow durch List und hervorragende Taktik. Beide Schlachten forderten Tausende von Toten, die Bevölkerung, vor allem in Schwamendingen und den umliegenden Dörfern, litten unsäglich unter den fremden Truppen.
Die Strasse, die aus der Stadt zum Denkmal führt, heisst Masséna-Strasse, gewidmet dem «Sieger über die Russen in der 2. Schlacht bei Zürich». Beim Denkmal geht sie in den Hanslin-Weg (7) über, ebenfalls nach einem General bzw. Korpskommandanten der Schweizer Armee benannt, der zum Glück nie Krieg führen musste.
Auf der Rückseite des Denkmals ist eine Tafel mit einem Gedicht angebracht, unterzeichnet mit N.v.E., also Nanny von Escher, (8) dessen martialischer Tonfall wohl daher rührt, dass die Autorin Tochter eines Obersten war. «Der Vater sagt’s dem Sohn und dieser dann. Ermahnt den Enkel: Knabe, werde Mann!»

10. Orelli BrunnenOrellibrunnen

Unterhalb des Schlachtendenkmals (9) Richtung Stadt lädt ein kleiner Brunnen zur Erfrischung ein. Gewidmet «Dr. med. Susanna Orelli-Rinderknecht (1845–1939). Förderin des Volkswohles.» Der unter Spaziergängern und Hundehaltern beliebte Höhenweg auf der Sonnenseite des Zürichbergs, an dem das Brünnlein steht, ist ebenfalls nach ihr benannt. Sie war Tochter einer Oberstrasser Bauernfamilie, verheiratet mit einem Mathematikprofessor, der wenige Jahre nach der Hochzeit verstarb.
Susanna Orelli war engagiert in der Abstinenzbewegung und 1894 Mitbegründerin  des «Zürcher Frauenvereins für Mässigkeit und Volkswohl», der 1909 in «Zürcher Frauenverein für alkoholfreie Wirtschaft» umbenannt wurde und in neuerer Zeit zu den ZFV-Unternehmungen wurde. Wo sich der Orelli-Weg zur Orelli-Strasse wandelt, steht das vom Verein 1900 eröffnete ehemalige Kurhaus, heute «Sorell Hotel Zürichberg». «Sorell» ist eine Wortschöpfung aus dem Namen Susanna Orelli.
1909 verlieh ihr die Universität Zürich den Ehrendoktortitel für Medizin. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof Sihlfeld.

11. BatterieBatterie

Von den Schlachten bei Zürich zeugen noch tiefe Gräben im Wald nordwestlich des Schlachtendenkmals (9), das Gebiet ist auf der Landeskarte als «Batterie» bezeichnet. Der Name lässt vermuten, dass sich hier Artilleriestellungen der Koalitionstruppen befanden. Der daneben angelegte «Pumptrack» für Biker gleicht mit seinen zementierten Hügeln und Gräben einer Kampfbahn – allerdings mit friedlichem Zweck, dem sportlichen Kampf um Fitness und Fahrkunst.
Von der Batterie führt der Batteriesteig hinab zur Batteriestrasse. Diese führt um die Höhe des Zürichbergs von Fluntern bis nach Oberstrass.

12. KrattenturmKrattenturm

Der Krattenturm bildete mit einem Letzigraben, der sich vom Zürichberg zum Letten an der Limmat hinabzog, den Vorposten einer Verteidigungslinie, die Zürich gegen Angriffe von Norden sperren sollte. Er stand auf der Anhöhe zwischen den tiefen Tobeln des Petersbachs und des Spitalbachs als Wehrturm und Signalstation. Als Signal diente der Rauch von brennendem Harz in einem Korb oder «Kratten» oben am Turm. Im 14. Jahrhundert widerstand die Befestigung Angriffen durch die Habsburger. Im «Alten Zürichkrieg» zerstörten die Eidgenossen am 30. April 1444 den Turm, von dem keine Mauerreste mehr geblieben sind. Der Standort ist deshalb nicht genau bekannt. Seit 1977 steht ein Gedenkstein mit Bronzetafel an der vermuteten Stelle.

13. ResiweiherResweiher

Der Resiweiher, 1888 angelegt, ist ein Zeuge der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts. Er diente als Reservoir (Resi) für Druckwasser zum Antrieb der Wasserturbinen im Pumpwerk Letten, wenn das Limmatwasser nicht genügte. Über ein Leitungsnetz versorgte das Pumpwerk die Betriebe im Industriequartier mit Druckwasser zum Antrieb von Maschinen. Vor dem Aufkommen der Elektrizität ein verbreitetes System der Energieverteilung in der Industrie. Stand überschüssige Energie aus dem Limmatwasser zur Verfügung, wurde Wasser aus dem Fluss zum Weiher hochgepumpt. Der Resiweiher war damit Teil eines der ersten Pumpspeicherwerke der Schweiz. 1914 bis 1942 trieb das Druckwasser aus dem Weiher Turbinen und Generatoren zur Stromerzeugung für den nahen Strickhof (14). Aus dem heutigen Biotop fliesst das Wasser als Bächlein durch den Irchelpark (15).

14. StrickhofStrickhof

Die erste landwirtschaftliche Schule des Kantons Zürich entstand an der Stelle des alten Gutshofes «im Strick». Eröffnet am 3. Mai 1853 in Anwesenheit des Regierungsrates und 14 Schülern. Dabei war auch einer der wichtigsten Initianten, der Glarner Naturforscher und Botaniker Oswald Heer (1809–1883), Professor an der Universität und der ETH. Erster Direktor des Strickhofs war Jakob Dängeli (1811–1867) von Guggisberg. Bei der Gründung umfasste die Schule 24 Hektaren, später erweitert auf 39 Hektaren.
Wegen des Baus der Universität Irchel ab 1973 zog der Strickhof nach Eschikon, Lindau (ZH) auf ein ehemaliges Maggi-Areal. Die Gebäude der Strickhofschule werden heute von der Universität genutzt.

15. IrchelparkIrchelpark

Der Irchelpark bei der Universität Irchel ist sicher einer der schönsten der Stadt. Der Park umfasst 32 Hektaren und dient der Erholung der Stadtbevölkerung und der Studierenden. Erbaut auf dem Areal der ehemaligen landwirtschaftlichen Schule Strickhof (14), eingeweiht 1986. Ein naturnaher Landschaftspark mit einem künstlichen See mit Fischen, Fröschen und Wasservögeln, Bächlein, Wiesenflächen, einheimischen Pflanzen vom Zürichbergwald, einem Naturlehrpfad, einer grossen Freitreppe, Spielmöglichkeiten für Kinder. Auf dem Gelände befinden sich auch das Zürcher Staatsarchiv, das Museum für Anthropologie und Sportanlagen des Akademischen Sportverbandes. Die Gestaltung war das Resultat eines Wettbewerbs mit 13 Bewerbern, gewonnen haben ihn die Teams Atelier Stern & Partner und Eduard Neuenschwander. Ihr Konzept hat sich bis heute fast unverändert erhalten.